Israelische
Siedlungen – eine völkerrechtliche Betrachtung
1.
Historischer Hintergrund
Seit
vielen Jahrhunderten bestehen jüdische Siedlungen im
Westjordanland und im Gazastreifen und wurden im Mandat für
Palästina, das vom Völkerbund verabschiedet wurde, das für
die Gründung eines jüdischen Staates im ehemaligen Heimatland
des jüdischen Volkes sorgte, ausdrücklich als legitim
anerkannt. Artikel 6 des Mandats sah folgendes vor:
„Während
sichergestellt wird, dass die Rechte und Positionen anderer
Bevölkerungsgruppen nicht beeinträchtigt werden, erleichtert
die Verwaltung von Palästina die jüdische Einwanderung unter
geeigneten Bedingungen und fördert in Zusammenarbeit mit der
Jewish Agency, die in Artikel 4 genannt wird, die enge
Besiedelung des Landes durch Juden, einschließlich des
staatlichen Bodens, der nicht zur öffentlichen Nutzung
erforderlich sind.“
Einige
jüdische Siedlungen, wie z.B. Hebron, bestehen seit den
Jahrhunderten der osmanischen Herrschaft, wohingegen Siedlungen
wie z.B. Neve Ya’acov, nördlich von Jerusalem, der
Gush-Etzion-Block in Judäa und Samaria, die Ortschaften
nördlich des Toten Meers und Kfar Darom im Gazastreifen unter
der britischen Mandatsverwaltung vor der Gründung des Staates
Israel errichtet wurden. Insbesondere wurden viele israelische
Siedlungen an Orten gegründet, an denen die jüdischen
Gemeinden voriger Generationen beheimatet waren, um die
tiefgreifende historische und religiöse Verbindung des
jüdischen Volkes mit dem Land zum Ausdruck zu bringen.
Seit
über tausend Jahren war die einzige Verwaltung, welche die
jüdische Besiedlung verboten hat, die Verwaltung während der
jordanischen Besatzung, die in den neunzehn Jahren ihrer
Herrschaft (1948-1967) den Verkauf des Landes an Juden zum
Kapitalverbrechen erklärte. Das Recht der Juden, sich in diesen
Gebieten anzusiedeln, und die rechtlichen Ansprüche auf das
Land, das erworben wurde, konnten von der jordanischen bzw.
ägyptischen Besatzung, die sich aus der bewaffneten Invasion
Israels im Jahre 1948 ergab, nicht rechtmäßig für ungültig
erklärt werden, und diese Rechte und Ansprüche sind bis zum
heutigen Tage gültig.
2.
Internationale Menschenrechte im Westjordanland und im
Gazastreifen
Die
internationalen Menschenrechte verbieten die zwangsweise
Umsiedlung von Teilen der Bevölkerung aus einem Staat in das
Gebiet eines anderen Staates, der diesen mit Waffengewalt
besetzt hat. Dieser Grundsatz, der in Artikel 49 der vierten
Genfer Konvention enthalten ist, wurde unmittelbar nach dem
zweiten Weltkrieg entwickelt. Wie die Bemerkungen von Vertretern
des internationalen Roten Kreuzes zur Konvention bestätigen,
sollte der Grundsatz die einheimische Bevölkerung vor
Vertreibung schützen, einschließlich der Gefährdung ihrer
gesonderten Existenz als Rasse, wie dies bei den Vertreibungen
der Bevölkerung in der Tschechoslowakei, Polen und Ungarn vor
und während des Krieges der Fall war. Im Hinblick auf das
Westjordanland und den Gazastreifen ist dies eindeutig nicht der
Fall.
Der
Versuch, israelische Siedlungen als Verstoß gegen diesen
Grundsatz darzustellen, ist eindeutig unhaltbar. Wie Professor
Eugene Rostow, der ehemalige Staatssekretär für politische
Angelegenheiten, schrieb: „Das jüdische Recht auf Besiedlung
in dieser Gegend entspricht in jeder Hinsicht dem Recht der
einheimischen Bevölkerung, dort zu leben“ (AJIL, 1990, Band
84, S. 72).
Die
Bestimmungen der Genfer Konvention zur Zwangsumsiedlung der
Bevölkerung in besetztes Souveränitätsgebiet können weder so
ausgelegt werden, dass dadurch die freiwillige Rückkehr
natürlicher Personen zu den Städten und Gemeinden untersagt
wird, aus denen sie oder ihre Vorfahren vertrieben wurden, noch
untersagen sie die Bewegung von natürlichen Personen in ein
Land, das sich nicht unter der legitimen Souveränität eines
Staates befand und das keinem privaten Eigentum unterliegt.
Diesbezüglich ist zu sagen, dass die israelischen Siedlungen
erst nach einem erschöpfenden Untersuchungsverfahren unter der
Aufsicht des obersten Gerichtshofes von Israel gegründet
wurden, mit dem sichergestellt werden sollte, dass keine
Ortschaften auf privatem arabischem Land gegründet werden.
Man
sollte nicht vergessen, dass die Bewegung natürlicher Personen
in das Gebiet ganz und gar freiwillig geschieht, während die
Siedlungen selbst weder arabische Einwohner vertreiben sollen
noch tatsächlich arabische Einwohner vertreiben.
Wiederholte
Anklagen hinsichtlich der Ungesetzlichkeit der israelischen
Siedlungen müssen daher als politisch motiviert betrachtet
werden, ohne Begründungen im Völkerrecht. Ebenso wie
israelische Siedlungen nicht als gesetzeswidrig betrachtet
werden können, können sie keinen „schweren Verstoß“ gegen
die Genfer Konvention darstellen und daher entbehrt die
Behauptung, dass sie ein „Kriegsverbrechen“ darstellen,
jeder rechtlichen Grundlage. Diese politischen Anklagen können
keinesfalls palästinensische Terrorakte und Gewalt gegen
unschuldige israelische Zivilisten rechtfertigen.
Politisch
gesehen betrachtet man das Westjordanland und den Gazastreifen
am besten als Gebiet, für das es zueinander in Widerspruch
stehende Ansprüche gibt, die in Friedensverhandlungen geklärt
werden sollten. Israel verfügt nicht nur aufgrund seiner
historischen und religiösen Bindungen an das Land und seiner
anerkannten Sicherheitsbedürfnissen über Rechtsansprüche auf
dieses Gebiet, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass das
Gebiet nicht unter der Souveränität irgendeines Staates stand
und in einem Krieg zur Selbstverteidigung, der Israel
aufgezwungen wurde, unter israelische Kontrolle gelangte.
Zugleich erkennt Israel an, dass die Palästinenser ebenfalls
legitime Ansprüche auf dieses Gebiet haben. In der Tat zeigte
allein die Tatsache, dass die Parteien vereinbart haben,
Verhandlungen über die Siedlungen zu führen, dass sie in
dieser Frage einen Kompromiss anstrebten.
3.
Israelisch-palästinensische Abkommen
Die
Abkommen, die zwischen Israel und den Palästinensern erzielt
wurden, beinhalten kein Verbot für den Bau oder die Erweiterung
der Siedlungen. Im Gegensatz dazu ist ausdrücklich vorgesehen,
dass die Frage der Siedlungen den Verhandlungen über den
permanenten Status vorbehalten bleibt, die in der Endphase der
Friedensgespräche stattfinden sollen. In der Tat haben die
Parteien ausdrücklich vereinbart, dass die palästinensische
Autonomiebehörde keine Gerichtsbarkeit oder Kontrolle über
Siedlungen oder israelische Bürger hat, solange der Abschluß
eines Abkommens über den permanenten Status noch aussteht.
Man
hat behauptet, dass das Verbot einseitiger Maßnahmen, den „Status“
des Westjordanlandes und des Gazastreifens zu ändern, das im
Interimsabkommen und in späteren Abkommen zwischen den Parteien
enthalten ist, ein Siedlungsverbot impliziere. Diese Haltung ist
unaufrichtig. Der Bau von Häusern hat keinerlei Auswirkungen
auf den Status des Gebiets. Das Verbot einseitiger Maßnahmen
wurde vereinbart, um sicherzustellen, dass keine Seite
Maßnahmen ergreift, um den rechtlichen Status dieses Gebiets zu
verändern (wie z.B. durch Annexion oder einseitige Ausrufung
eines Staates), solange das Ergebnis der Verhandlungen über ein
permanentes Statusabkommen noch nicht feststeht. Sollte dieses
Verbot für Gebäude gelten, so würde dies zu der lächerlichen
Interpretation führen, dass keine der beiden Seiten Häuser
bauen dürfte, um den Bedarf ihrer jeweiligen Ortschaften zu
decken.
Es
ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass im Geiste des Kompromisses
und in einem Versuch, konstruktive vertrauensbildende Maßnahmen
im Friedensprozeß zu ergreifen, mehrere israelische Regierungen
ausdrücklich die Notwendigkeit eines territorialen Kompromisses
für das Westjordanland und den Gazastreifen anerkannt und
freiwillig den Bau neuer Siedlungen gestoppt haben.
Diesbezüglich hat die derzeitige Regierung der Nationalen
Einheit unter Premierminister Ariel Sharon offiziell erklärt,
dass sie keine neuen Siedlungen mehr bauen wird, jedoch
weiterhin den grundlegenden Bedürfnissen bestehender
Siedlungsgemeinden verpflichtet bleibt (Regierung des Staates
Israel, Richtlinien der Politik, März 2001).