Sehr verehrte Frau Barak, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr
geehrter Herr Stolpe, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wir stehen an einem Ort, der zum Symbol geworden ist für etwas, das zu beschreiben
eigentlich keine Sprache der Welt ausreicht. Alles, was uns Sprache mitteilen kann, ist
doch immer eine verharmlosende Beschreibung für das, was in den Stätten des Grauens vor
sich ging, von denen Sachsenhausen nur eine war:
Es fällt mir nicht leicht, an diesem Ort tiefster Demütigung und Qual zu sprechen. Der
Name Sachsenhausen steht, zusammen mit vielen anderen Lagernamen, für das schlimmste
Verbrechen in der deutschen Geschichte.
Er steht wie Auschwitz, Treblinka, Majdanek, Buchenwald und die vielen anderen Lager für
die planmäßige Vernichtung von Millionen von Juden und deren Opfern.
Es gibt nur einen Weg, mit dem Unvorstellbaren dieser Verbrechen umzugehen: Wir müssen
uns und alle anderen wieder und wieder daran erinnern.
Wie Elie Wiesel, selbst Überlebender von Auschwitz, gesagt hat:
,Man kann es nicht erzählen, aber man darf es nicht verschweigen.' Der
Toten wegen, aber auch für die heutige und vor allem für die künftigen Generationen.
Ja, Herr Ministerpräsident, es darf nie wieder Sachsenhausen, nie
wieder Auschwitz, nie wieder Treblinka geben - an keinem Ort der Welt! Dass wir dies heute
mit Blick auf die Zukunft sagen können, verdanken wir unseren Partnern, verdanken wir vor
allem den Menschen in Israel.
Durch die Bereitschaft, uns Deutsche wieder in die Völker-Gemeinschaft
aufzunehmen, ist es gelungen, eine Demokratie aufzubauen, die auf einem sicheren
moralischen Fundament beruht und die es als ihre besondere Verpflichtung ansieht, ihre
Politik an den Menschenrechten auszurichten.
Dieses Fundament ist die Auseinandersetzung mit der deutschen
Geschichte und die Fähigkeit, sie anzunehmen. Es macht mich zuversichtlich, dass die
Mehrheit der Deutschen heute die Auseinandersetzung sucht.
Wir, und damit meine ich die deutsche Politik und die deutsche
Gesellschaft, werden alles daran setzen, dass bereits den Anfängen von Engstirnigkeit und
Intoleranz, von Diskriminierung und Fremdenhass, von Ausgrenzung und Verletzung der Würde
und der Rechte anderer gewehrt wird. Und wir werden eine Form der Erinnerung finden, die
zuverlässig und verantwortungsvoll in die Zukunft wirkt.
Die guten und vielfältigen Beziehungen zwischen unseren beiden
Ländern, sehr geehrter Herr Barak, unsere enge Zusammenarbeit, bilden eine unverzichtbare
Brücke auf diesem Weg. Wir sind es den Toten, aber auch uns selbst und unseren Kindern
schuldig, dass wir den Kampf gegen Hass und Menschenverachtung gewinnen, dass wir sichere
Grundlagen für eine friedliche Zukunft unserer Völker legen.