Welche biblischen Feste feiern
die Juden in Israel? Werden sie auch von den messianischen (=christusgläubigen) Juden
gefeiert? Sind sie auch für Christen von Bedeutung?
Diese und andere Fragen werden uns wiederholt gestellt. Der ehem. Israel-Sekretär der
Internationalen Messianisch-Jüdischen Allianz, Menachem Benhayim (Jerusalem), und der
Leiter der Arbeitsgemeinschaft Christen für Israel e. V., Pastor Fritz May (Wetzlar),
versuchen, in gebotener Kürze darauf zu antworten.
Fast alle Fest- und Feiertage in Israel sind biblischen Ursprungs. Gott hat sie eingesetzt
und seinem Volk geboten, sie zu halten (2. Mose 23,14ff; 3. Mose 16,29.34). Von Jesus,
seinen Aposteln und den ersten Gemeinden ist bekannt, daß sie wie alle anderen Juden die
biblischen Fest- und Feiertage streng hielten (Apostelgeschichte 2,1; 12,3; 20, 6f. 16; 1.
Korinther 5, 7f; 16,8). Die Juden feiern diese biblischen Feste auch heute zur Erinnerung
an die Geschichte ihres Volkes zur Vertiefung ihres Glaubens. Auch die messianischen Juden
in Israel feiern diese Feste. Sie setzen sie aber in eine besondere Beziehung zu Jesus und
seinem Heilswerk und füllen sie mit neutestamentlichem Inhalt, so daß sie auch für
Christen von Bedeutung sind.
,,Schabbat" (Sabbat): Der wöchentliche Fest- und Feiertag in
Israel ist der ,,Schabbat". Er ist für jüdische Menschen ein Tag heiliger Ruhe, an
dem nach Gottes Willen nicht gearbeitet werden darf (2. Mose 31,15-17). Mit Beginn des
,,Schabbats" am Freitagabend versammelt sich die ganze Familie um den festlich
gedeckten Tisch. Die Frau des Hauses zündet die Schabbat-Kerzen an und spricht den Segen.
Der Vater hält eine kurze Andacht und segnet Brot und Wein. Danach wird der Wein
getrunken und das Schabbatbrot angeschnitten. Man hält das Schabbatmahl und wünscht
einander ,,Schabbat Schalom" (,,Der Schabbatfrieden sei mit dir!"). Der Tag des
Herrn hat begonnen, eine Zeit innerer Erbauung, der Ruhe und des familiären Zusammenseins
... Vor oder nach dem Schabbatmahl geht die ganze Familie zum Gottesdienst in die
Synagoge. Auf ähnliche Weise feiern auch die messianischen Juden in Israel den
,,Schabbat". Sie berufen sich auf Jesus und die Urgemeinde, die auch den
,,Schabbat" hielten (Lukas 14,1; Markus 1,21; Apostelgeschichte 20, 7), und sagen:
,,Unsere Freiheit in Christus erlaubt es uns, den Schabbat als Tag der Ruhe und des
Gottesdienstes zu feiern" (Römer 14,Sf). Wenn Christen statt des ,,Schabbats"
den Sonntag als ,,Herrentag" (Offenbarung 1,10) feiern, dann tun sie dies zur
Erinnerung an den ersten Tag der Woche, an dem Christus von den Toten auferstanden ist
(Matthäus 28, 1ff).
,,Pessach" (Passahfest): Es ist das erste Fest im biblischen
Kalender und auch als ,,Fest der ungesäuerten Brote" bekannt (3. Mose 23, 6). Beginn
und Höhepunkt ist der ,,Sederabend" mit einem religiösen Ritual, das aus dem Lesen
der ,,Passah-Haggada" (Erzählung vom Auszug aus Ägypten) besteht, und
anschließendem Festmahl. Er erinnert die Juden an jene schicksals- schwere Nacht in
Ägypten, in der Gottes Gericht über ihre Unterdrücker hereinbrach, sie selbst aber
verschont blieben, da die Türpfosten ihrer Häuser mit Blut besprengt waren. ,,Wenn ich
das Blut sehe", so hatte Gott versprochen, ,,werde ich vorübergehen". Dies
hatte dazu geführt, daß Pharao die Kinder Israels wieder in ihre Heimat ziehen ließ (2.
Mose 12) Die messianischen Juden feiern an diesem Abend mit ihrem Volk, lesen aber eine
eigens von ihnen geschaffene ,,Passah-Haggada", die durch Texte aus dem Neuen
Testament ergänzt ist. Dabei erinnern sie sich besonders an das Leiden und Sterben Jesu
Christi. Er ist für sie das ,,Passah-Lamm", das Lamm Gottes, das für ihre Sünden
und für ihre Rettung aus der Sklaverei Satans geopfert wurde. Und wie einst das Blut
eines geschlachteten Lammes die Häuser der Israeliten vor dem Gericht verschonte, so ist
das Blut Jesu Christi auch für sie Schutz und Heil. Die Christen denken daran, daß Jesus
in jener Nacht des Passahfestes mit seinen Jüngern das Passahmahl hielt. Er teilte
ungesäuertes Brot und Wein an sie aus als ein Zeichen dafür, daß sein Leib zerbrochen
und sein Blut vergossen wird. Seitdem ist auch für sie Jesus das ,,Passah-Lamm"
Gottes, das ,,geschlachtet" wurde zur Vergebung ihrer Sünden. In der Feier des
Heiligen Abendmahls werden auch wir daran erinnert, was Paulus im 1. Korinther 5,
7schrieb: ,,Entfemt den alten Sauerteig, damit ihr ein neuer, ungesäuerterTeig seid. Denn
wir haben ein Passah-Lamm, für uns geopfert: Das ist Christus!"
,Schawuoth (Wochenfest/Pfingstfest): Jüdische Menschen feiern
,,Schawuoth" als Gedenktag an die Offenbarung Gottes am Sinai und den Empfang der
Zehn Gebote sowie als ,,Fest der ersten Früchte" (Kornernte). An diesem Tag wird in
den Synagogen Israels aus dem Buch Ruth gelesen, das von einer heidnischen Braut handelt,
die aber ihr ganzes Vertrauen auf den Gott Israels setzte. An ,,Schawuoth" werden
messianische Juden und Christen besonders an jenes bedeutsame Pfingstfest vor 2000 Jahren
erinnert. Auch damals offenbarte sich Gott in besonderer Weise: Die Apostel Jesu Christi
empfingen den Heiligen Geist! Daraufhin traten sie in der Kraft des Heiligen Geistes den
jüdischen Pilgerscharen gegenüber, die zu dem Fest aus den entlegensten Gegenden der
damals bekannten Welt nach Jerusalem gekommen waren. Ihnen predigten sie das Evangelium
vom gekreuzigten, auferstandenen und wiederkommenden Herrn. Die ,,Ernte" blieb nicht
aus: 3000 Juden wurden gläubig an Jesus Christus. Sie waren die Erstlingsfrüchte des
Evangeliums. Seit jenem ,,Fest der ersten Früchte" sind bald weitere
,,Früchte" an Gläubigen aus Israel und anderen Nationen hinzugekommen. Das
Einsammeln der Früchte für Jesus geht indessen überall in der Welt weiter bis zur
letzten Ernte der Menschheitsgeschichte.
,,Rosh Haschanah" (Neujahrsfest): Im alten Israel wurde dieser
Tag ursprünglich als ,,Neumond-Sabbat" und ,,Tag des Posaunenblasens" gefeiert
(4. Mose 29,1; 3. Mose 23, 24f; Psalm 81.4). Erst im Spätjudentum wurde er zum
Neujahrstag im jüdischen Kalender und zugleich zum Gedenktag an die Thronbesteigung des
richtenden Gottes, vor dem die Schriftrollen von Verdienst und Schuld ausgebreitet sind.
In diesem Sinn wird dieser Tag auch heute gefeiert. Im Mittelpunkt dieses und der
folgenden Tage steht das Blasen auf dem Schofar (Widderhorn). Das ,,Instrument"
erinnert an die geplante Opferung Isaaks, an dessen Stelle dann aber ein Widder Gott
geopfert wurde, dessen Hörner Gott an das stellvertretende Sühneleiden Israels erinnern
sollen (1. Mose 22). In der Bibel wird der Schofar vielfach auch als ,,Posaune"
übersetzt. Sie ruft die Gemeinde zur Versammlung, zu Freudenfesten und zum Kampf gegen
die Feinde (4. Mose 10,42.9.10). Messianische Juden und Christen erinnert das jüdische
Neujahrsfest in seiner Bedeutung an die ewiggültige Wahrheit, in Römer 8, 32-34: Gott
hat seinen eigenen Sohn nicht verschont sondern hat ihn fur uns alle dahingegeben in den
Tod. Wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Wer will uns noch ankIagen? "Gott
selbst hat uns freigesprochen. Wer will uns verurteilen? Jesus Christus ist für uns
gestorben. Mehr noch: Er ist vom Tode auferstanden. Nun sitzt er zur Rechten Gottes und
tritt fur uns ein." Das Schofar-Blasen ist für messianische Juden und Christen
zugleich ein Hinweis auf das ,,Ertönen der Posaune", mit dem nicht nur die Gerichte
Gottes über die Menschheit beginnen, sondern auch die Auferstehung der im Herrn
entschlafenen Toten angekündigt wird (Offenbarung 8; 1.) Korinther 15,51 f).
,,Jom Kippur" (Versöhnungstag): Dieser Tag ist für lsrael ein
,,Bußtag" und für die Juden zugleich der höchste Feiertag. In biblischer Zeit ging
an diesem Tag, einmalig im gesamten Jahr, der Hohepriester in das Allerheiligste des
Tempels, um Gott zur Versöhnung für die Sünden des Volkes ein Tieropfer darzubringen
(3. Mosel 6; 23,27- 32). Seitdem 70 n. Chr. der Tempel in Jerusalem zerstört wurde, gibt
es im Judentum am Jom Kippur keine Tieropfer mehr. Dafür aber ein 24stündiges Fasten,
begleitet von Selbstprüfung und Rechenschaftsablegung und der Bitte um Gottes Erbarmen
und Vergebung. Für die messianischen Juden und Christen ist dieser Tag durch den Tod Jesu
am Kreuz erfüllt und vollendet. Denn Jesus Christus ist der Hohepriester und zugleich das
Opferlamm für ihre Sünden (Hebraer 9 1ff) Er hat sie gereinigt von aller Schuld und
ihnen die Vergebung geschenkt. Seitdem gilt für sie: ,,Wo aber Vergebung der Sünden ist,
da geschieht für sie kein Opfer mehr" (Hebräer 10,18). Das hindert Israels Juden,
die an Jesus glauben, jedoch nicht, sich aus Solidarität dem allgemeinen Fasten, der Reue,
der Reinigung und Heiligung ihres Volkes anzuschließen und im Gebet für die Erlösung
Israels einzutreten.
,,Sukkot" (Laubhüttenfest): Dieses achttägige Fest feiern die
Juden zum Gedenken an die Zeit der Wüstenwanderung, als die Israeliten in
Notunterkünften lebten (3. Mose 23,33-44). Zugleich ist es ein Erntedankfest. Darüber
hinaus hat es noch eine zukünftige Bedeutung. Der Prophet Sacharja bescheibt es als ein
internationales Fest in den Tagen des messianischen Königreiches, zu dem ,,Menschen aus
allen Nationen" nach Jerusalem kommen werden, um am Laubhüttenfest teilzunehmen und
Gott anzubeten (14,16ff). Die meiste Zeit dieses Festes verbringen die Juden in einer
notdürftig hergerichteten und mit grünen Zweigen und bunten Girlanden geschmückten
,,Laubhütte" (Sukka) außerhalb ihrer Wohnung. Für messianische Juden und Christen
ist dieses Fest Anlaß, über die ,,Wanderung" der Gemeinde Jesu in der Vergangenheit
nachzudenken und sich die Treue Gottes, seine Hilfe und Versorgung zu vergegenwärtigen.
Gleichzeitig weist sie die ,,Laubhütte" auf den Ort der zukünftigen Gegenwart
Gottes im Neuen Jerusalem hin: ,,Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird
bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott, wird ihr Gott
sein" (Offenbarung 21,3).
,, Chanukka" (Fest der Tempelweihe): Dieses ebenfalls acht Tage
dauernde Fest lenkt die Gedanken jüdischer Menschen an die Wiedereinweihung des Tempels
im Jahre 164 v. Chr., nachdem er zuvor von dem syrischen König Antiochus IV. Epiphanes
entweiht und geschändet worden war. ,,Chanukka" ist auch als "Lichterfest"
bekannt. Denn im neugeweihten Tempel soll ein kleines Gefäß mit Öl für einen Tag durch
ein Wunder Gottes acht Tage lang gebrannt haben. Deshalb zünden die Juden jeden Tag auf
einem achtarmigen Leuchter (spezieller "Chanukka-Leuchter") ein Licht an.
Dadurch hat das Fest eine starke Ähnlichkeit mit dem christlichen Weihnachtsfest und
seinen Lichtern. Für die christusgläubigenJuden steht im Mittelpunkt dieses Festes Jesus
Christus. Er hat dieses Fest selbst gefeiert und sich dabei im Tempel aufgehalten
(Johannes 10, 22f). Während eines solchen Festes wurde ihm auch die Messiasfrage
gestellt. So daß ,,Chanukka" für messianische Juden und Christen auch eine
messianische Bedeutung hat: Jesus als der Messias ist das wahre Licht der Welt. Die an
Jesus gläubigen Juden sehnen sich deshalb mit uns Christen nach dem Tag, an dem das ganze
jüdische Volk zum lebendigen Glauben an Jesus, den Messias, kommt und dabei die
Erfüllung aus Jesaja 60,1.2 erlebt: ,,Mache dich auf, werde Licht! Denn dein Licht kommt,
und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir. Denn siehe, Finsternis bedeckt die Erde
und Blindheit die Völker, aber über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit
erscheint über dir."
,,Purim": Das letzte Fest des biblischen Jahres hat seine
Grundlage im Buch Esther im Alten Testament. Es berichtet von dem Ausgeliefertsein des
Volkes Israel an einen unbarmherzigen Feind, der Macht über viele Völker und Länder
hat. Auch den großen und kleinen Machthabern von heute stehen alle Mittel (Waffen) zur
Verfügung, um nicht nur das kleine Volk Israel auszurotten, sondern auch die gesamte
Menschheit. Selbst die Gemeinde Jesu wird zunehmend von antichristlichen Menschen und
Mächten bedroht und zum Teil grausam verfolgt. Juden und Christen müssen heute schon den
Zorn ihrer Feinde in viel stärkerem Maß ertragen als zur Zeit des blutrünstigen
Judenhassers Haman (Esther 3). Doch wie er und seine Söhne damals die Juden nicht
ausrotten konnten, sondern selbst grausam hingerichtet wurden, so werden auch Satans
Menschen und Mächte von heute weder Israel noch die Gemeinde Jesu vernichten können.
Denn Christus wird bei seiner Wiederkunft über alle seine Feinde siegen und Israel und
die Gemeinde Christi in eine helle und sichere Zukunft führen. Die biblischen Feste
Israels sind deshalb sowohl für Juden als auch für messianische Juden und Christen von
großer und bleibender Bedeutung: Sie erinnern an Gottes wunderbares Heilshandeln, an
seine Treue und Fürsorge für sein Volk in der Vergangenheit. Sie vertiefen den Glauben
heute. Sie weisen in eine messianische Zukunft.
